Fangschuss für die Lachmuskeln

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Kleinenbremen. Kennen Sie „Zwerg Nase“, das Märchen vom Jungen Jakob, der auf dem Markt eine alte Kräuterhexe beleidigt, dafür zur Strafe erst in ein Eichhörnchen und dann in einen hässlichen Zwerg mit einer langen Nase verwandelt wird und sich jahrelang als Koch durchschlagen muss, bis er den Fluch mithilfe einer ebenfalls verhexten Gans wieder loswird? Natürlich. Aber wussten Sie auch, dass sich jene vom Meister des romantischen Kunstmärchens Wilhelm Hauff 1826 ersonnene Geschichte auch in nur fünf Sekunden auf die Bühne bringen lässt? Nein? Dann waren Sie nicht am vergangenen Samstag beim Theater „Spek Spek“ in Kleinenbremen, wo die Meister des improvisierten Bühnen-Schabernacks – wie an jedem zweiten Samstag im Monat – vor restlos ausverkauftem Haus zwei Stunden lang mit ihren spontanen Geistesblitzen und Geniestreichen die Lachmuskeln der Zuschauer auf das Äußerste malträtierten.

Aufführungen des Impro-Theaters „Spek Spek“ – die Abkürzung steht bekanntermaßen für „spektakulär spektakulär“ – sollte man nie verpassen, schließlich bekommt man dort grundsätzlich darstellerische und inszenatorische Unikate zu Gesicht, fabulöse, abenteuerliche, fantastische, verschrobene und überdrehte Aufführungs- Einzelstücke, die es so vorher und danach auf keiner Bühne der Welt gab und gibt. „Das sind alles kleine Welturaufführungen“, begrüßte Jörg Homeier alias Stöpsel das Publikum. „Seien Sie sicher, die sehen Sie so nie wieder.“ Drapiert hatte sich die Spek-Spek-Crew dieses Mal – passend zur Jahreszeit – in hochsommerlich-karibischem Ferien-Club-Outfit. „Ich sehe, auch damit haben Sie nicht gerechnet“, so „Stöpsel“ Homeier, der im Folgenden als Moderator und Spielleiter durch den Abend führte.

Oder besser als Dompteur der übrigen Darsteller: Denn so ungefähr müssen sich die Mitglieder des Spek-Spek-Ensembles gefühlt haben, wenn der Herr und Meister beispielsweise zwei von ihnen – Birte Meyer und Volker Homeier – auferlegte, sich im „Springer“-Spiel beim Dialog über eine Maggi-Flasche und die körperlichen Auswirkungen des Hülsenfruchtverzehrs nach jedem Wort mit einem dritten Spieler – Holger Pape – abzuwechseln. Oder bei der in einem geheimnisvollen morgenländischen Palast spielenden Zweikanalton-Geschichte, bei der es um den Diebstahl der immensen Reichtümer eines Maharadschas ging und Jörg Homeier mittels einer imaginären Fernbedienung ganz nach Gutdünken zwischen Deutsch und einer aus reinem Nonsens-Gebrabbel bestehenden Fantasie-Sprache auf der Bühne hin- und herschalten konnte. Erschwerend kam hinzu, dass auf das Stichwort „Stopp, das klingt nach einem Lied“ jeder Darsteller den eben gerade von ihm gesprochenen Satz zur Gitarrenmusik von Christian Vorbeck spontan als Lied zu intonieren hatte.

Und als wäre das für das Zwerchfell der Zuschauer noch nicht genug, hatten Regina Diedrichs-Winkler und der im Grimassieren schier unübertreffliche Marius Lankes als Magdalena und Salvatore im Dialog über die wenig menschenwürdigen Arbeitsbedingungen als Putzkräfte in einem Museum nacheinander zehn grundverschiedene Gefühle zu verkörpern, angefangen von Leidenschaft (für einen leeren Staubsaugerbeutel) über Paranoia („Der Chef hat bestimmt Kameras installiert.“) bis zu Harndrang. Zum endgültigen Fangschuss auf die Lachmuskeln bliesen die Impro-Künstler dann bei der „sehr freien Adaption“ des oben erwählten Hauff-Märchens vom „Zwerg Nase“, was sie gleich vier Mal auf die Bühne zu bringen hatten: zuerst in exakt gestoppt zweieinhalb Minuten, dann in anderthalb, dann in 45 Sekunden und zu guter Letzt in nur fünf Sekunden.

Kaum weniger zwerchfellerschütternd gestalteten sich der Einsatz des „Internationalen Tanztheaters“, welches dem „fantastisch sterbenden Schwein“ Bob die gebührende letzte Ehre erwies, und die vier Versionen der Betätigung eines Lichtschalters in einer Neubauwohnung: Gesprochen, gesungen, gereimt und getanzt.

Nur noch ganz wenige Restkarten sind für die kommende Show am 12. März erhältlich. Und auch für den Folgetermin am 9. April werden die freien Plätze bereits knapp: Dann hat das Improtheater Spek Spek das Ensemble des „Horner Kreisels“ zu Gast. Zum Finale der Saison 2015/2016 steht dann am 14. Mai wieder der „Maestro“ auf dem Programm. Außerdem treten die Kleinenbremer Impro-Künstler am 22. April im HH Ameise Kulturhügel Minden und am 28. Mai in der Druckerei Bad Oeynhausen auf.

© SZ/LZ vom 16.02.2016 | http://www.szlz.de/region/bueckeburg_artikel,-fangschuss-fuer-die-lachmuskeln-_arid,779371.html